Ich habe mir das "Noten vom Blatt singen" einmal selbst beigebracht. Ich bin nicht besonders gut drin, aber wenn die Noten nicht ganz so schwierig sind, oder wenn ich jemanden neben mir stehen habe, der die Stimme einigermaßen kann, dann kann ich vieles auch vom Blatt absingen.
Am meisten hat mir ein kleines Heft über die Tonika-Do-Methode gebracht.
Es wurde da mit ganz einfachen Volksliedern in Dur gearbeitet.
Mal im Schnelldurchgang:
Singe mal einen Durdreiklang!
Grundton - Durterz - Quinte - Oktave
C E G C
Kannst du nicht?
Singe mal "Alle Vögel sind schon da"
Und mit "Alle Vögel" singst du den Durdreiklang ohne Probleme.
So kann man sich für fast alle Intervalle irgendwelche Liedanfänge merken. Man hängt dann einfach die Töne an bekannte Silben. Da man aber eine Unzahl von Silben benötigt, ist es einfacher sich auf ein paar Standard-Silben zu beschränken.
Do Re Mi Fa So La Ti Do
Al- = Do = Grundton (C) Stabil und fest - ein Startpunkt - wird als Faust angezeigt.
Mein Kürzel, das ich mir auch mal über die Noten schreibe = . oder *
le = Mi = Durterz (E) hat was ruhiges schwebendes an sich. Wird mit einer ausgestreckten flachen Hand (von der Seite) angezeigt.
Mein Kürzel = -
Vö- = So = Quinte (G) hat was strahlendes, präsentierendes, vorzeigendes an sich.
Wird mit einer offenen Hand (Handfläche sichtbar) angezeigt. Hörnerquinten, das einen König ankündigt klingt hier mit
Mein Kürzel = x
-gel = Oktave = hoher Gundton. Stabil - es kommt etwas zum Schluss.
Mein Kürzel = *
So hätte ich schon mal die hälfte der Töne einer Tonleiter charakterisiert. Damit "norde" ich jede Tonart ein. Das sind die Eckpunkte an denen ich mich orientiere.
. - x *
Die Sekunde hat etwas voranschreitendes. Je nach dem ob ich von C nach E wandere also ob die Melodie nach oben oder nach unten verläuft. Sie ist aber nicht besonders Spannungsgeladen, aber auch nicht ruhig. Der Verlauf von C über D nach E ist sehr harmonisch und ruhig.
Mein Kürzel = / oder \
Die Sexte = La (A) schwebt etwas glockenartig über der Quinte. Sie wird mit einer gewölbten Hand angezeigt.
Mein Kürzel = n (eigentlich ein Halbkreis nach unten offen)
mit . / - x n * hat man die Pentatonik zusammen.
Die Eckpunkte . - x *
und die beiden verbindenden Töne / und n
Nun fehlen nur noch die beiden Spannungsreichen Töne. Der Strebeton und der Leitton.
Die Quarte = Fa (F) will am liebsten wieder zurück zum E. Es wird mit einem Zeigefinger, der nach unten zeigt, angedeutet. Wenn man von E über F nach G singt, dann ist F so was wie eine kleins Sprungbrett, dass ein kleines Hindernis überwindet, um dann auf dem strahlenden G zu landen.
- r x
Mein Kürzel: r (eigentlich ein viertel Kreisbogen)
Die Septime = Ti (H) baut eine ziemliche Spannung auf, die sich am liebsten zum hohen Grundton C auflösen möchte. Es wird mit einem erhobenen Zeigefinger angezeigt (als ob man sich melden würde)
Mein Kürzel _/ (eigentlich ein viertel Kreisbogen)
Do Re Mi Fa So La Ti Do werden relativ verwendet. Sie werden nicht für absolute Töne (C D E F G A H C) verwendet, wie es in Frankreich üblich ist.
Do Re Mi Fa So La Ti Do können in der D-Dur-Tonleiter für D E F# G A H C# D stehen.
D = .
F# = -
A = x
D = *
Mit dem D-Dur-Dreiklang norde ich mich ein.
D E F# = . / - ist die untere ruhige Verbindung
A H A = x n x ist der Glockenton über der Quinte
Womit ich die Pentatonik zusammen hätte
E F# E | E F# G - r - | - r x ist die Sprungschanze zum G
G A H C | C H C x n _/ * | * _/ * | . _/ . ist der Spannungston der sich nach C auflösen will
Das wird mit vielen Notenbeispielen geübt, und an vielen bekannten Volksliedern angewandt.
Typische Tonfolgen die zu bestimmten Akkordkombinationen gehören werden durchgesungen.
Dur-Akkorde und Moll-Akkorde werden in ihren Umkehrungen gesungen, und die Verbindungstöne werden heraugearbeitet. (Modales Singen)
Damit wird das ganze organischer. Töne bekommen einen Charakter. Intervalle haben eine bestimmte Funktion innerhalb einer Melodie. Und das sind Sachen, die man benennen kann, und dessen Höreindruck man sich merken kann, wenn man dem ganzen nur einen Namen gibt.
Ich habe glaube ich ein oder zwei Monate gebraucht, bis ich das Prinzip halbwegs verinnerlicht hatte, und dann noch mal ein halbes Jahr oder so, bis ich es halbwegs anwenden konnte. Beim Chor habe ich mir die Kürzel über die Noten geschrieben, wo ich Probleme hatte. Und dann kommt halt die praktische Anwendung.
Leider weiß ich im Moment kein gescheites Buch auf dem Markt, was das ganze halbwegs leicht vermittelt. Leider sind die Tonbeispiele bei den Büchern, die ich gefunden habe etwas zu trocken und abstrakt. Dabei lernt es sich mit etwas gefälligeren Melodien wesentlich leichter.
Curwen Hand Signs MT [Public domain oder Public domain], von Scanned and enhanced by Matthew D. Thibeault.Matthewt73 at en.wikipedia, vom Wikimedia Commons
Hier siehst du noch mal die Handzeichen Do Mi So (Do) als Dur-Dreiklang. Wird wie Noten in unterschiedlichen Höhen von der Hüfte bis zum Kopf angezeigt.
Dann Re und La um die Pentatonik voll zu bekommen
Und dann die Spannungsträger Fa und Ti.
So werden die Töne in 3 Gruppen eingeteilt.
Grund-Akkord-Töne
Verbindungstöne
Strebe- und Leittöne
So bekommt jeder der 7 Töne einer Tonleiter einen eigenen Charakter und eine eigene Funktion, deren Höreindruck man sich merken kann.
Dabei hat man aber immer einen Bezugspunkt. und zwar zuerst den Grundton der Dur-Tonleiter, und dann die Akkordtöne des Grundakkordes. Diese werden zuerst gesucht, und sich gemerkt. Die übrigen 4 Töne umspielen die Akkordtöne, die mir als Anker dienen.
Und von diesem Grundgerüst her baut man sich nach und nach eine Art Vokabular auf, und lernt typische Tonfolgen zu erkennen.
Das finde ich viel besser, als das trockene üben von sterilen Intervallen. Vor allem, weil ich selbst mit der Methode recht schnell Erfolg hatte.
Gruß Mjchael