20.04.2014
[Workshop] Kirchentonarten
Vorwort
"Kirchentonarten? Gab's dazu nicht schon Workshops? Warum noch einer? Kapier' ich doch eh nicht nicht und brauche sowas auch nicht?!?" ... (Wen diese Fragen nicht interessieren kann das Vorwort gerne Überspringen).
...mag sich jetzt mancher denken. Warum noch einen Workshop? Ich bin mir bewusst, dass es hier schon einen Workshop zu diesem Thema gibt. Allerdings finde ich es gut, noch eine Zweite "Stellungnahme" zu diesem Thema zu geben. Denn über das Thema Kirchentonarten (engl. "Modes", hier auch "Modi", im Singular "Modus" genannt) wird sehr viel geschrieben ... in einigen Büchern so, dass ich selbst zu Anfang kein Wort verstanden habe.
Allgemein hat es bei mir sehr spät "Klick" gemacht, was dieses Thema angeht. Ein Grund für mich, euch meine "Verstehensweise" näher zubringen, vielleicht hilft das dem ein oder anderen beim Verstehen und erlernen dieses Themengebietes.
Dass Kirchentonleiter "solistische Färbungsmöglichkeiten" sind, ist denke ich mal den meisten bewusst. Darauf möchte ich jetzt auch nicht groß eingehen. Mit diesen "Hilfsmitteln" zu improvisieren kann schöne Abwechslung bieten, wenn man sich bis jetzt vielleicht nur mit dem Thema Dur-/Mollpentatonik bzw. Dur-/Molltonleitern beschäftigt hat.
Im Laufe dieses kleinen Workshops wird sich herrausstellen, dass wir damit schon zwei unserer "Kirchentonleitern" bzw. "Kirchentonarten" abgedeckt haben.
Grundlage und "Basics"
(Bitte: Wenn ihr etwas nicht sofort versteht...kein Thema! Ich Versuche das ganze hier so gut wie möglich zu erklären, dennoch braucht das ganze seine Zeit um sich zu "setzen")
Die "Grundlage" zum Verstehen dieses Themas bietet unsere C-Durtonleiter, bzw. unsere Stammtonreihe:
C - D - E - F - G - A - B - (C)
(Anmerkung: das deutsche "H" spare ich mir hier mal)
Einige Wissen wahrscheinlich schon, dass man mit den Tönen dieser C-Durtonleiter Akkorde bilden kann. Das geschieht durch Terzschichtungen, war hier allerdings nichts zur Sache tut.
Diese neu entstandenen Akkorde nennt man "Stufenakkorde". Warum "Stufen"? Die Töne, bzw. die daraus entstandenen Akkorde der Durtonleiter werden einfach "durchnummeriert". Diese Stufenakkorde sehen bei einer Dur-Tonleiter IMMER aus wie folgt:
I - II - III - IV - V - VI - VII - (VIII)
maj7 - m7 - m7 - maj7 - 7 - m7 - m7b5 - (maj7)
[Vereinfacht: Dur -Moll - Moll - Dur - Dur - Moll - Halbvermindert - (Dur)]
Aus unsrer C-Dur Tonleiter enstehen also folgende Stufenakkorde:
Cmaj7 - Dm7 - Em7 - Fmaj7 - G7 - Am7 - Bm7b5 - (Cmaj7)
[Vereinfacht: C-Dur - D-Moll - E-Moll - F-Dur - G-Dur - A-Moll - B-Halbvermindert - (C-Dur)]
Nun kommen wir zum eigentlichen Teil ... den Modes! Ich zähle die 7 Modi mal eben auf ... bitte nicht von den abgefahrenen Namen verwirren lassen!
Ionisch
Dorisch
Phrygisch
Lydisch
Mixolydisch
Äolisch
Lokrisch
Nun verteilen wir das ganze mal eben auf unsre Stufenakkorde in C!
Cmaj7 - Dm7 - Em7 - Fmaj7 - G7 - Am7 - Bm7b5 - (Cmaj7)
Ionisch - Dorisch - Phrygisch - Lydisch - Mixolydisch - Äolisch -Lokrisch
Und nun? (oder "Wie klingen diese Modes nun eigentlich?!")
-erklärt an Dur und Moll-
(bitte nicht aufhören zu lesen...im Laufe des Texts wird alles klarer!)
Aha. Schön zu wissen. Aber was stelle ich nun damit an?
Klären wir hier nun erstmal eines: "Ionisch" und "Äolisch" entsprechen nichts anderem als "Dur" und "Moll" ... vielleicht fällt nun einigen etwas auf. Schauen wir nach oben, welche Akkorde in unserem Fall "Ionisch" und "Äolisch" sind ... aha! Cmaj7 (oder vereinfacht: C-Dur) und Am7 (oder vereinfacht: A-Moll)! Nun denken wir an ... ja! Die sogenannte "Mollparallele" ... C-Dur = A-Moll. Zumindest was die Töne angeht, aus der diese beiden Tonleitern bestehen.
C-Ionisch (C-Dur-Tonleiter):
C - D - E - F - G - A - B - (C)
A-Äolisch (A-Moll-Tonleiter):
A - B - C - D - E - F - G -A
"Momentmal! C-Dur klingt doch total anders als A-Moll!" denken sich nun die meisten ... das Stimmt! Und wer das erkannt hat bzw. hört, hat den Sinn von Kirchentonleitern soeben verstanden. Denn genauso unterschiedlich wie C-Dur und A-Moll klingen, klingt auch Phrygisch und Lokrisch oder Lydisch und Dorisch ... aber der Reihe nach!
Warum klingt eine C-Ionische Tonleiter (C-Dur-Tonleiter, wissen wir ja jetzt) anders als eine A-Äolische Skala?
An dieser Stelle wird in den meisten Büchern mit Start- und Zielton bzw. mit der Verteilung der Halbtonschritte losgelegt. Kurz zusammengefasst: bei C-Ionisch wird mit einem C losgelegt und bestenfalls auch wieder mit einem C aufgehört. Bei A-Äolisch fängt die Tonleiter mit einem A an und hört mit einem A auf. Punkt. So ist es auch.
"Aber wie mache ich das nun beim Improvisieren? Muss ich immer mit einem A anfangen und mit einem A aufhören?!" - Nein. Natürlich nicht. Die Tonabfolge ist total egal, es wird ja improvisiert und nicht einfach eine Skala auf und ab gespielt.
Der Punkt ist nicht der WAS ich spiele sonder ÜBER WAS ich spiele!
Spiele ich Töne der C-Durtonleiter über einen C-Durakkord (Cmaj7, Stufe I ... siehe oben) erhalte ich automatisch einen ... na? Klar! Einen "Ionischen" Sound! Klingt also nach "Wald und Wiesen" C-Dur, so wie das die meisten kennen.
Spiele ich nun dieselben Töne (also Töne der C-Durtonleiter) allerdings über einen A-Moll Akkord (Am7, VI. Stufe) hört sich das ganze automatisch nicht mehr "durig, fröhlich" an sondern "mollig, traurig" ... und das ist der also ... der äolische Sound!
Nun haben wir also schonmal gesehen bzw. GEHÖRT dass die selben Töne nicht automatisch gleich klingen! Bier und Brei ist ja auch nicht das selbe, obwohl die Wörter aus den selben Buchstaben bestehen.
Weiter geht es!
Und zwar mit den restlichen Modes! Ionisch und Äolisch sind ja nun geklärt ... aber was ist mit dem Rest? Die Kirchentonarten mit den komischen Namen?
... mit denen geht es im selben Prinzip weiter... gucken wir nochmal nach oben in die Liste, in der die Namen der Modes aufgelistet sind. Nach dem Ionischen Modus kommt der Dorische Modus. Aha! Nun gibt es eine gute Nachricht ... um Dorische Skalen spielen zu können, müssen keine neuen Skalen gelernt werden. Zumindest praktisch nicht. Das Tonmaterial aus Ionisch bzw. Äolisch reicht uns.
Mit unserer C-Dur bzw. A-Molltonleiter können wir nämlich noch unsre Restlichen 5 Modi abdecken ... nochmal das Schema von oben:
Cmaj7 - Dm7 - Em7 - Fmaj7 - G7 - Am7 - Bm7b5 - (Cmaj7)
Ionisch - Dorisch - Phrygisch - Lydisch - Mixolydisch - Äolisch -Lokrisch
Orientieren wir uns an den Farben, stellen wir fest ... aha ... Am (Am7) ist lila, genau wie der Mode Äolisch. C-Dur (Cmaj7) ist rot eingefärbt, genau wie der Mode Ionisch ... klar, haben wir ja vorhin besprochen: C-Ionisch = selbes Tonmaterial wie A-Äolisch (C-Ionisch -> A-Äolisch).
Nun ergibt sich also folgendes:
C-Ionisch -> D-Dorisch -> E-Phrygisch -> F-Lydisch -> G-Mixolydisch -> A-Äolisch -> B-Lokrisch
ALLE diese Modes besitzen also selbes Tonmaterial!
Warum dann der Käse? Klingt doch eh alles gleich oder? ... Nein! Schon allein, weil die Tonleitern unterschiedliche "Start- und Landetöne" besitzen (die Stufenakkorde verändern sich NICHT - das G bleibt zum Beispiel immer ein "G7" - egal in welcher Stufe es sich gerade befindet!):
C-Ionisch:
C - D - E - F - G - A - B - (C)
In Stufen:
I - II - III - IV - V - VI - VII - (VIII)
D-Dorisch:
D - E - F - G - A - B - C - D
In Stufen:
I - II - III - IV - V - VI - VII - (VIII)
E-Phrygisch:
E - F - G - A - B - C - D - E
In Stufen:
I - II - III - IV - V - VI - VII - (VIII)
und so weiter mit den Restlichen 5 Modes (F-Lydisch, G-Mixolydisch, A-Äolisch, B-Lokrisch)
Nun ... aber wieso klingt das ganze verschieden, wenn wir nicht einfach nur Skalen von einem Ton zum andrem spielen? Wenn wir Töne in beliebiger Reienfolge improvisieren?
Antwort: Weil wir über andere Akkorde spielen.
Haben wir ja vorhin beim Beispiel von A-Äolisch gesehen und gehört ... klingt anders, WEIL: die Skala wurde über einen anderen Akkord gespielt - im Fall von A-Äolisch über einen A-Moll (Am7) Akkord.
Probiert es mal aus ... werft nen' Looper an oder macht euch einen Backingtrack mit nur EINEM Akkord über den ihr immer die selbe Tonleiter spielt:
C-Ionisch ist NUR C-Ionisch wenn die Töne über einen C-Dur (Cmaj7) Akkord (oder eine solche Kadenz) gespielt werden!
D-Dorisch ist NUR D-Dorisch wenn die Töne von D-Dorisch (am Anfang ist umdenken noch erlaubt. D-Dorisch -> C-Ionisch -> A-Äolisch) über einen Dm (Dm7) Akkord gespielt werden (oder eine solche Kadenz)!
Achtung!
Spielt man D-Dorisch über einen C-Dur Akkord bzw. eine C-Dur Kadenz DARF und KANN man nicht mehr von D-Dorisch sprechen! Dann spricht man von C-Ionisch
Ihr merkt vielleicht schon ... die Tonleitern C-Ionisch und D-Dorisch klingen schon ein wenig verschieden, obwohl sie aus den selben Tönen bestehen ... warum wissen wir ja. Wenn man sie über ihre jeweiligen Grundtöne bzw. Grundakkorde spielt, klingen sie für ihr Mode "typisch"!
Gehen wir weiter, ihr werdet feststellen: das klingt schon abgefahrener!
E-Phrygisch ist nur E-Phrygisch, wenn die Töne über einen E-Moll Akkord (Em7) gespielt werden!
Was passiert wenn ich E-Phrygisch über einen F-Durakkord (Fmaj7, IV. Stufe) spiele? STOP! ... hier würden wir von F-Lydisch sprechen! Wir spielen immer über unseren Grundton bzw. unseren Grundakkord!
Andere Tonarten
Alle diese Beispiele haben sich auf unsere C-Durtonleiter und Stammtonreihe bezogen.
Nun mal ein wenig Kopfarbeit.
"Welche Tonleiter(n) kann ich über einen A7 Akkord spielen?"
Wir wissen vom Anfang dieses Workshops, dass es Stufenakkorde gibt. Welche Durtonart besitzt einen A-Dominantseptakkord (A7) auf der V. Stufe (die Stufe ist uns ebenfalls aus der Harmonisierten Durtonleiter bekannt)?
Antwort: D-Dur bzw. D-Ionisch.
Rufen wir uns die D-Durtonleiter ins Gedächtnis:
D - E - F# - G - A - B - C# - (D)
Vergleichen wir wieder hiermit:
Ionisch - Dorisch - Phrygisch - Lydisch - Mixolydisch - Äolisch -Lokrisch
Aha! Die Tonleiter die wir verwenden können, heißt A-Mixolydisch! (siehe Farben)
Natürlich kann man auch mit D-Ionisch darüber spielen, sind die selben Töne. Aber was sagten wir mit Start- und Landeton und der richtigen Bezeichnung? Genau!
Genauso geht das mit jeder erdenklich anderen Tonart.
Das ganze auf's Griffbrett umsetzen...
Wieder zurück zu unsrem Praktischen C-Dur!
Nun kann man natürlich so denken: über alle diese Modes kann ich die C-Ionische (C-Dur) Tonleiter spielen ... das ist richtig ... auch vom Gedanken. Aber: denkt man so kommt man irgendwann in eine Sackgasse. Allerdings ist das für den Anfang OK, umzudenken.
D-Dorisch ist nun einfach mal D-Dorisch und nicht C-Ionisch. Auch wenn die Tonleitern aus den selben Tönen bestehen. Wie war das mit Bier und Brei?
Die Skala bzw. die Skalen für D-Dorisch, E-Phyrigisch, F-Lydisch, G-Mixolydisch oder A-Äolisch bleiben immer die gleichen (wie gesagt, am Anfang kann man noch umdenken: C-Dur Tonleiter. Wer sich später mal mit komplizierteren (Jazz-)Changes und Kadenzen befasst kann sich das nicht mehr leisten).
.................................................................................................................
Ich hoffe ich habe euch einen kleinen, groben Einblick gegeben. Ziemlich bunt geworden, aber passt ja zu Ostern
... bei Fragen wie immer gerne stellen!
Vorwort
"Kirchentonarten? Gab's dazu nicht schon Workshops? Warum noch einer? Kapier' ich doch eh nicht nicht und brauche sowas auch nicht?!?" ... (Wen diese Fragen nicht interessieren kann das Vorwort gerne Überspringen).
...mag sich jetzt mancher denken. Warum noch einen Workshop? Ich bin mir bewusst, dass es hier schon einen Workshop zu diesem Thema gibt. Allerdings finde ich es gut, noch eine Zweite "Stellungnahme" zu diesem Thema zu geben. Denn über das Thema Kirchentonarten (engl. "Modes", hier auch "Modi", im Singular "Modus" genannt) wird sehr viel geschrieben ... in einigen Büchern so, dass ich selbst zu Anfang kein Wort verstanden habe.
Allgemein hat es bei mir sehr spät "Klick" gemacht, was dieses Thema angeht. Ein Grund für mich, euch meine "Verstehensweise" näher zubringen, vielleicht hilft das dem ein oder anderen beim Verstehen und erlernen dieses Themengebietes.
Dass Kirchentonleiter "solistische Färbungsmöglichkeiten" sind, ist denke ich mal den meisten bewusst. Darauf möchte ich jetzt auch nicht groß eingehen. Mit diesen "Hilfsmitteln" zu improvisieren kann schöne Abwechslung bieten, wenn man sich bis jetzt vielleicht nur mit dem Thema Dur-/Mollpentatonik bzw. Dur-/Molltonleitern beschäftigt hat.
Im Laufe dieses kleinen Workshops wird sich herrausstellen, dass wir damit schon zwei unserer "Kirchentonleitern" bzw. "Kirchentonarten" abgedeckt haben.
Grundlage und "Basics"
(Bitte: Wenn ihr etwas nicht sofort versteht...kein Thema! Ich Versuche das ganze hier so gut wie möglich zu erklären, dennoch braucht das ganze seine Zeit um sich zu "setzen")
Die "Grundlage" zum Verstehen dieses Themas bietet unsere C-Durtonleiter, bzw. unsere Stammtonreihe:
C - D - E - F - G - A - B - (C)
(Anmerkung: das deutsche "H" spare ich mir hier mal)
Einige Wissen wahrscheinlich schon, dass man mit den Tönen dieser C-Durtonleiter Akkorde bilden kann. Das geschieht durch Terzschichtungen, war hier allerdings nichts zur Sache tut.
Diese neu entstandenen Akkorde nennt man "Stufenakkorde". Warum "Stufen"? Die Töne, bzw. die daraus entstandenen Akkorde der Durtonleiter werden einfach "durchnummeriert". Diese Stufenakkorde sehen bei einer Dur-Tonleiter IMMER aus wie folgt:
I - II - III - IV - V - VI - VII - (VIII)
maj7 - m7 - m7 - maj7 - 7 - m7 - m7b5 - (maj7)
[Vereinfacht: Dur -Moll - Moll - Dur - Dur - Moll - Halbvermindert - (Dur)]
Aus unsrer C-Dur Tonleiter enstehen also folgende Stufenakkorde:
Cmaj7 - Dm7 - Em7 - Fmaj7 - G7 - Am7 - Bm7b5 - (Cmaj7)
[Vereinfacht: C-Dur - D-Moll - E-Moll - F-Dur - G-Dur - A-Moll - B-Halbvermindert - (C-Dur)]
Nun kommen wir zum eigentlichen Teil ... den Modes! Ich zähle die 7 Modi mal eben auf ... bitte nicht von den abgefahrenen Namen verwirren lassen!
Ionisch
Dorisch
Phrygisch
Lydisch
Mixolydisch
Äolisch
Lokrisch
Nun verteilen wir das ganze mal eben auf unsre Stufenakkorde in C!
Cmaj7 - Dm7 - Em7 - Fmaj7 - G7 - Am7 - Bm7b5 - (Cmaj7)
Ionisch - Dorisch - Phrygisch - Lydisch - Mixolydisch - Äolisch -Lokrisch
Und nun? (oder "Wie klingen diese Modes nun eigentlich?!")
-erklärt an Dur und Moll-
(bitte nicht aufhören zu lesen...im Laufe des Texts wird alles klarer!)
Aha. Schön zu wissen. Aber was stelle ich nun damit an?
Klären wir hier nun erstmal eines: "Ionisch" und "Äolisch" entsprechen nichts anderem als "Dur" und "Moll" ... vielleicht fällt nun einigen etwas auf. Schauen wir nach oben, welche Akkorde in unserem Fall "Ionisch" und "Äolisch" sind ... aha! Cmaj7 (oder vereinfacht: C-Dur) und Am7 (oder vereinfacht: A-Moll)! Nun denken wir an ... ja! Die sogenannte "Mollparallele" ... C-Dur = A-Moll. Zumindest was die Töne angeht, aus der diese beiden Tonleitern bestehen.
C-Ionisch (C-Dur-Tonleiter):
C - D - E - F - G - A - B - (C)
A-Äolisch (A-Moll-Tonleiter):
A - B - C - D - E - F - G -A
"Momentmal! C-Dur klingt doch total anders als A-Moll!" denken sich nun die meisten ... das Stimmt! Und wer das erkannt hat bzw. hört, hat den Sinn von Kirchentonleitern soeben verstanden. Denn genauso unterschiedlich wie C-Dur und A-Moll klingen, klingt auch Phrygisch und Lokrisch oder Lydisch und Dorisch ... aber der Reihe nach!
Warum klingt eine C-Ionische Tonleiter (C-Dur-Tonleiter, wissen wir ja jetzt) anders als eine A-Äolische Skala?
An dieser Stelle wird in den meisten Büchern mit Start- und Zielton bzw. mit der Verteilung der Halbtonschritte losgelegt. Kurz zusammengefasst: bei C-Ionisch wird mit einem C losgelegt und bestenfalls auch wieder mit einem C aufgehört. Bei A-Äolisch fängt die Tonleiter mit einem A an und hört mit einem A auf. Punkt. So ist es auch.
"Aber wie mache ich das nun beim Improvisieren? Muss ich immer mit einem A anfangen und mit einem A aufhören?!" - Nein. Natürlich nicht. Die Tonabfolge ist total egal, es wird ja improvisiert und nicht einfach eine Skala auf und ab gespielt.
Der Punkt ist nicht der WAS ich spiele sonder ÜBER WAS ich spiele!
Spiele ich Töne der C-Durtonleiter über einen C-Durakkord (Cmaj7, Stufe I ... siehe oben) erhalte ich automatisch einen ... na? Klar! Einen "Ionischen" Sound! Klingt also nach "Wald und Wiesen" C-Dur, so wie das die meisten kennen.
Spiele ich nun dieselben Töne (also Töne der C-Durtonleiter) allerdings über einen A-Moll Akkord (Am7, VI. Stufe) hört sich das ganze automatisch nicht mehr "durig, fröhlich" an sondern "mollig, traurig" ... und das ist der also ... der äolische Sound!
Nun haben wir also schonmal gesehen bzw. GEHÖRT dass die selben Töne nicht automatisch gleich klingen! Bier und Brei ist ja auch nicht das selbe, obwohl die Wörter aus den selben Buchstaben bestehen.
Weiter geht es!
Und zwar mit den restlichen Modes! Ionisch und Äolisch sind ja nun geklärt ... aber was ist mit dem Rest? Die Kirchentonarten mit den komischen Namen?
... mit denen geht es im selben Prinzip weiter... gucken wir nochmal nach oben in die Liste, in der die Namen der Modes aufgelistet sind. Nach dem Ionischen Modus kommt der Dorische Modus. Aha! Nun gibt es eine gute Nachricht ... um Dorische Skalen spielen zu können, müssen keine neuen Skalen gelernt werden. Zumindest praktisch nicht. Das Tonmaterial aus Ionisch bzw. Äolisch reicht uns.
Mit unserer C-Dur bzw. A-Molltonleiter können wir nämlich noch unsre Restlichen 5 Modi abdecken ... nochmal das Schema von oben:
Cmaj7 - Dm7 - Em7 - Fmaj7 - G7 - Am7 - Bm7b5 - (Cmaj7)
Ionisch - Dorisch - Phrygisch - Lydisch - Mixolydisch - Äolisch -Lokrisch
Orientieren wir uns an den Farben, stellen wir fest ... aha ... Am (Am7) ist lila, genau wie der Mode Äolisch. C-Dur (Cmaj7) ist rot eingefärbt, genau wie der Mode Ionisch ... klar, haben wir ja vorhin besprochen: C-Ionisch = selbes Tonmaterial wie A-Äolisch (C-Ionisch -> A-Äolisch).
Nun ergibt sich also folgendes:
C-Ionisch -> D-Dorisch -> E-Phrygisch -> F-Lydisch -> G-Mixolydisch -> A-Äolisch -> B-Lokrisch
ALLE diese Modes besitzen also selbes Tonmaterial!
Warum dann der Käse? Klingt doch eh alles gleich oder? ... Nein! Schon allein, weil die Tonleitern unterschiedliche "Start- und Landetöne" besitzen (die Stufenakkorde verändern sich NICHT - das G bleibt zum Beispiel immer ein "G7" - egal in welcher Stufe es sich gerade befindet!):
C-Ionisch:
C - D - E - F - G - A - B - (C)
In Stufen:
I - II - III - IV - V - VI - VII - (VIII)
D-Dorisch:
D - E - F - G - A - B - C - D
In Stufen:
I - II - III - IV - V - VI - VII - (VIII)
E-Phrygisch:
E - F - G - A - B - C - D - E
In Stufen:
I - II - III - IV - V - VI - VII - (VIII)
und so weiter mit den Restlichen 5 Modes (F-Lydisch, G-Mixolydisch, A-Äolisch, B-Lokrisch)
Nun ... aber wieso klingt das ganze verschieden, wenn wir nicht einfach nur Skalen von einem Ton zum andrem spielen? Wenn wir Töne in beliebiger Reienfolge improvisieren?
Antwort: Weil wir über andere Akkorde spielen.
Haben wir ja vorhin beim Beispiel von A-Äolisch gesehen und gehört ... klingt anders, WEIL: die Skala wurde über einen anderen Akkord gespielt - im Fall von A-Äolisch über einen A-Moll (Am7) Akkord.
Probiert es mal aus ... werft nen' Looper an oder macht euch einen Backingtrack mit nur EINEM Akkord über den ihr immer die selbe Tonleiter spielt:
C-Ionisch ist NUR C-Ionisch wenn die Töne über einen C-Dur (Cmaj7) Akkord (oder eine solche Kadenz) gespielt werden!
D-Dorisch ist NUR D-Dorisch wenn die Töne von D-Dorisch (am Anfang ist umdenken noch erlaubt. D-Dorisch -> C-Ionisch -> A-Äolisch) über einen Dm (Dm7) Akkord gespielt werden (oder eine solche Kadenz)!
Achtung!
Spielt man D-Dorisch über einen C-Dur Akkord bzw. eine C-Dur Kadenz DARF und KANN man nicht mehr von D-Dorisch sprechen! Dann spricht man von C-Ionisch
Ihr merkt vielleicht schon ... die Tonleitern C-Ionisch und D-Dorisch klingen schon ein wenig verschieden, obwohl sie aus den selben Tönen bestehen ... warum wissen wir ja. Wenn man sie über ihre jeweiligen Grundtöne bzw. Grundakkorde spielt, klingen sie für ihr Mode "typisch"!
Gehen wir weiter, ihr werdet feststellen: das klingt schon abgefahrener!
E-Phrygisch ist nur E-Phrygisch, wenn die Töne über einen E-Moll Akkord (Em7) gespielt werden!
Was passiert wenn ich E-Phrygisch über einen F-Durakkord (Fmaj7, IV. Stufe) spiele? STOP! ... hier würden wir von F-Lydisch sprechen! Wir spielen immer über unseren Grundton bzw. unseren Grundakkord!
Andere Tonarten
Alle diese Beispiele haben sich auf unsere C-Durtonleiter und Stammtonreihe bezogen.
Nun mal ein wenig Kopfarbeit.
"Welche Tonleiter(n) kann ich über einen A7 Akkord spielen?"
Wir wissen vom Anfang dieses Workshops, dass es Stufenakkorde gibt. Welche Durtonart besitzt einen A-Dominantseptakkord (A7) auf der V. Stufe (die Stufe ist uns ebenfalls aus der Harmonisierten Durtonleiter bekannt)?
Antwort: D-Dur bzw. D-Ionisch.
Rufen wir uns die D-Durtonleiter ins Gedächtnis:
D - E - F# - G - A - B - C# - (D)
Vergleichen wir wieder hiermit:
Ionisch - Dorisch - Phrygisch - Lydisch - Mixolydisch - Äolisch -Lokrisch
Aha! Die Tonleiter die wir verwenden können, heißt A-Mixolydisch! (siehe Farben)
Natürlich kann man auch mit D-Ionisch darüber spielen, sind die selben Töne. Aber was sagten wir mit Start- und Landeton und der richtigen Bezeichnung? Genau!
Genauso geht das mit jeder erdenklich anderen Tonart.
Das ganze auf's Griffbrett umsetzen...
Wieder zurück zu unsrem Praktischen C-Dur!
Nun kann man natürlich so denken: über alle diese Modes kann ich die C-Ionische (C-Dur) Tonleiter spielen ... das ist richtig ... auch vom Gedanken. Aber: denkt man so kommt man irgendwann in eine Sackgasse. Allerdings ist das für den Anfang OK, umzudenken.
D-Dorisch ist nun einfach mal D-Dorisch und nicht C-Ionisch. Auch wenn die Tonleitern aus den selben Tönen bestehen. Wie war das mit Bier und Brei?
Die Skala bzw. die Skalen für D-Dorisch, E-Phyrigisch, F-Lydisch, G-Mixolydisch oder A-Äolisch bleiben immer die gleichen (wie gesagt, am Anfang kann man noch umdenken: C-Dur Tonleiter. Wer sich später mal mit komplizierteren (Jazz-)Changes und Kadenzen befasst kann sich das nicht mehr leisten).
.................................................................................................................
Ich hoffe ich habe euch einen kleinen, groben Einblick gegeben. Ziemlich bunt geworden, aber passt ja zu Ostern
