Lektion 1: Terz-verwandte Akkorde
Mal angenommen, du hast bei einem Lied eine ganz einfache Akkordfolge.
C - - - | - - - - | F - - - | C - G7 -
Dir kommt das C am Anfang zu langweilig vor? Versuche doch mal einen Akkord dazwischen zu setzen, der sich ähnlich anhört, wie der C-Dur-Akkord, und ebenfalls passt.
Die
Moll-Parallele Am wäre ein guter Versuch.
C - - - |
Am - - - | F - - - | C - G7 -
C-Dur besteht aus den Tönen C E G, und Am besteht aus den Tönen A C E.
Beide Akkorde haben die Töne C und E gemeinsam. Daher funktioniert es oft, dass die Moll-Parallele die Dur-Parallele vertreten kann.
Auch der Akkord Em hat mit den Tönen E G H zwei Töne mit C-Dur (C E G) gemeinsam. Also wäre es auch mal einen Versuch wert, den C-Dur durch den Em-Akkord auszutauschen.
C - - - |
Em - - - | F - - - | G7 - - -
Am ist eine kleine Terz abwärts von C-Dur entfernt und Em ist eine kleine Terz aufwärts von C-Dur entfernt. Em und Am haben je zwei Töne mit C-Dur gemeinsam. Daher kann man
Terz-verwandte Akkorde oft gegeneinander austauschen.
Man kann mitunter auch die Terz-verwandten Akkorde miteinander kombinieren. Man umspielt quasi den Hauptakkord mit den Terz-verwandten Akkorden.
C -
Em - Am - C | F - - - | G7 - - -
Versuch und Irrtum (also das eigene Ohr bzw. der eigene Geschmack) entscheidet darüber, ob sich so ein Versuch lohnt.
Man kann auch Akkorde gegeneinander austauschen die nur einen Ton gemeinsam haben, wenn dieser mit der Melodie übereinstimmt. Aber das würde hier zu weit führen.
Oft orientiert man sich dabei an den Tönen der Melodie.
Beispiel 1 von Bob Dylan:
(C) How many (F) roads must a (C) man walk down, before you can (F) call him a (G) man?
In der sehr einfachen Standardkadenz des Originals lässt sich noch sehr gut noch ein Am einbauen
(C) How many (F) roads must a (C) man walk (Am) down, be- (C) fore you can (F) call him a(G) man?
Beispiel 2:
Ich hoffe, du kennst das Lied
Heute hier morgen dort von Hannes Wader
Da gibt es die Zeile
(C) Hab mich niemals deswegen be-(G)klagt
Du kannst hier gut ein Am einbauen
(C) Hab mich niemals des-(Am)wegen be-(G)klagt
Sogar ein Em funktioniert gut
(C) Hab mich niemals des-(Em)wegen be-(G)klagt
Die Dominantenparallele Em (Mollparallele der Dominante G-Dur) klingt in meinen Ohren etwas verärgert oder quängeliger, während die Tonika-Parallele Am (Mollparallele des Grundakkords C-Dur) etwas sanfter-ruhiger-trauriger klingt. So kann es bei mir durchaus vorkommen, dass ich in ein und dem selben Lied mal das Em und in einer anderen Strophe mal das Am einsetze, gerade so, wie es mir zur Interpretation des Textes passt.
Probiert es selber mal aus.
Beispiel 3:
Bei dem Lied "Father and Son" verwendet Cat Stevens im Original die Akkordfolge
G D C Am | G Em Am D
es ist durchaus möglich die Akkorde C und Am durch Terz-verwandte Akkorde auszutauschen.
G D Em C | G Em C D
Du wirst sehen, auch das funktioniert ohne größere Probleme.
Aber warum mache ich das?
Die Akkordfolge
G D Em C ist ein Klische. Diese
Standard-Akkordfolge kenne ich als "die Popformel", und ist mir von daher viel geläufiger.
Und da es viele Lieder gibt, die mit
G D Em C begleitet werden, kann es ein Lernvorteil sein, mehrere Lieder zu haben, die genau diese Akkordfolge haben.
Let it be
Country Roads (Refrain)
u.a.m.
Ob ich jetzt die
50er-Progression ( = Standard-Akkordfolge) mit
G Em C D verwende,
oder den
Rhythm Change mit
G Em Am D ist nahezu egal.
Oft entscheide ich mich aus dem Bauch heraus. Das heißt, in einem Lied kann ich den mal so, und mal so spielen, je nachdem welchen Basslauf oder sonstige Verzierung ich gerade noch mit einbauen will.
Natürlich können sich jetzt die Puristen darüber streiten, ob man ein Original antasten darf. Aber es muss wirklich nicht immer nach dem Original klingen. Es reicht aus, wenn es dem Original nahe genug kommt, dass man selber gut dazu singen kann. Die Akkorde müssen zu der Melodie passen, und die Akkordfolge soll halbwegs schlüssig sein. Solange das gegeben ist, hat man eigentlich viele Freiheiten, die man dazu nutzen kann, entweder eine Akkordfolge zu vereinfachen, damit man ein Stück überhaupt spielen kann, oder aber eine Begleitung interessanter zu machen, oder aber, dass man Standard-Akkordfolgen herausbekommt, bei denen man einfach mehr Routine hat. Das ist oftmals auch für Coverbands mit einem großen Repertoire interessant, wenn man eben nicht bei jedem Song auf die individuellen Feinheiten eingehen muss, sondern sich auf eine handvoll Klischees einstellen kann.
Es gibt hier kein "richtig" und "falsch",
sondern nur ein "gefällt mir nicht so gut"
oder und "gefällt mir besser".