Abstand der Bündstäbe auf dem Griffbrett (Mensurabhängig)

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von liquidwing
Wer schon immer mal wissen wollte, wie sich mit der Länge des Halses die Abstände der Bünde zu einander ergeben, dem sei die folgende Liste ans Herz gelegt.

Zum Verständnis wichtig ist dafür:
Mensur
Der freischwingende Teil der Saiten, von Ihrem Auflagepunkt am Sattel, bis zur Befestigung am Steg.
Varianten
Es gibt verschiedene Mensurlängen, z.B. Fender 25,5" (648 mm), Gibson 24,75" (628 mm) und PaulReedSmith 25" (635 mm). Heavystrats z.B. Ibanez verwenden häufig auch die 25,5" Mensur.

Die Formel zur Berechnung der Abstände der Bundstäbchen lautet:
Teile die Mensurlänge (M0) durch den Faktor (x) 17,817 um den Abstand von Steg zum ersten Bund zu erhalten und ziehe das Ergebnis von der Mensurlänge (M0) ab. Die weiteren Abstände erhält man, indem man den Abstand vom jeweiligen Bund (1. Bund M1, 2. Bund M2 etc.) zur Brücke ebenfalls durch den Faktor (x) teilt vom vorherigen Maß (M1 etc.) abzieht.

Einfacher
M0 (Steg): M0 - (M0 / x) = M1
M1 (1.Bund): M1 - (M1 / x) = M2
etc.

Habe das für das Beispiel der 25,5" Stratmensur ausgerechnet, wenn Ihr eine andere Mensur habt, müßt Ihr einfach den Startwert M0 entsprechend anpassen und dann die Werte selber ausrechnen.

Als Quelle habe ich das Buch "E-Gitarren - Alles über Konstruktion und Historie" ISBN: 3-910098-20-7 (S. 82 ff) benutzt.
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von liquidwing
Griffbrettlänge: 480 mm

Faktor: x = 17,817 (laut: André Waldenmaier)

M0 Mensurlänge: 648 mm

M1 (1.Bund): M0 / x = 36,37 mm

M2 (2. Bund): M1 - (M1 / x) = 34,33 mm

M3 (3. Bund): M2 - (M2 / x) = 32,40 mm

M4 (4. Bund): M3 - (M3 / x) = 30,58 mm

M5 (5. Bund): M4 - (M4 / x) = 28,87 mm

M6 (6. Bund): M5 - (M5 / x) = 27,25 mm

M7 (7. Bund): M6 - (M6 / x) = 25,72 mm

M8 (8. Bund): M7 - (M7 / x) = 24,27 mm

M9 (9. Bund): M8 - (M8 / x) = 22,91 mm

M10 (10. Bund): M9 - (M9 / x) = 21,63 mm

M11 (11. Bund): M10 - (M10 / x) = 20,41 mm

M12 (12. Bund): M11 - (M11 / x) = 19,27 mm

M13 (13. Bund): M12 - (M12 / x) = 18,18 mm

M14 (14. Bund): M13 - (M13 / x) = 17,16 mm

M15 (15. Bund): M14 - (M14 / x) = 16,20 mm

M16 (16. Bund): M15 - (M15 / x) = 15,29 mm

M17 (17. Bund): M16 - (M16 / x) = 14,43 mm

M18 (18. Bund): M17 - (M17 / x) = 13,62 mm

M19 (19. Bund): M18 - (M18 / x) = 12,86 mm

M20 (20. Bund): M19 - (M19 / x) = 12,14 mm

M21 (21. Bund): M20 - (M20 / x) = 11,46 mm

M22 (22. Bund): M21 - (M21 / x) = 10,81 mm

M23 (23. Bund): M22 - (M22 / x) = 10,21 mm

M24 (24. Bund): M23 - (M23 / x) = 9,63 mm

von Gast
Bitte nicht vergessen, daß beim Drücken der Saiten je nach Saitenlage (Höhe der Saiten über Griffbrett) die Spannung verändert wird und damit die Saitenspannung. Das eine ist Mathematik, das andere die Wirklichkeit......
Diese Ungenauigkeit kann man auch korrigieren mit etwas unterschiedlichen Abständen der Bundstäbchen (Erfahrungswerte, je nach Saitenstärke....) oder "mitteln" mit dem Abstand bei der E-Gitarre am Steg.
Ausprobieren:
e und E Saite mit Flageolett gegeneinander stimmen. Dann E-Saite im 12. Bund drücken und e-Saite anschlagen.......
Winni
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von liquidwing
Hallo Winni,
Das Ganze habe ich ausgerechnet, um die Griffbrettinlays meiner Customgitarre zeichnen und ziemlich genau, ggf. auch mittig zwischen den Bundstäbchen plazieren zu können zu können.

Wie groß kann denn so eine Abweiche der Bundstäbchenposition ca. sein?
Oder ist das so gering, das es für die Zeichnung keine Rolle spielt?

Die unterschiedlichen Saitendurchmesser spielen ja auch noch eine Rolle - doch das wird ja über die Einstellungen an der Brücke/dem Tremolo korrigiert.

von Gast
Es gibt verschiedene "Mittelungen". Die Abweichung liegt im 1 -2 mm Bereich.
Wie Du schon geschrieben hast, gibt es verschiedene Beeinflussungen.
Jeder Gitarrenbauer hat da seine Geheimnisse. Der eine macht den Steg schräg, der andere die Bundstäbchen und läßt den Steg gerade, der nächste arbeitet das Griffbrett aus oder macht den Steg individuell (E Gitarre)und und und.
Ich habs noch nicht gemessen. Vom Bottleneck Spiel (das mit dem Metallröhrchen links) her würde ich sagen, maximal 2 mm- was im 12. schon eine ganze Menge ist.
Winni

von Gast
Vielen Dank für die Mühe. Jetzt wüsste ich nur noch gern, was das für ein geheimnisvoller Zahlenwert ist, diese 17,817.
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von liquidwing
Also wie sich der Faktor ergibt hab ich auch noch nicht rausgefunden - vielleicht mal den Physiklehrer fragen? Jugend nutzt die Zeit die Ihr noch in der Schule seit! (-;

Also falls da jemand Bescheid weiß .
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von jeff_jordan
[Besserwissermodus]
Also alles kein Hexenwerk, sondern reine Mathematik & Physik. 8)

Im Thread "Zu viel Zug auf der E-gitarre?" habe ich schon die exakte Formel für den Zusammenhang von Frequenz, Länge der (frei schwingenden) Saite, Dicke, Kraft und Materialkonstanten gepostet.

Der Zusammenhang zwischen Frequenz (f) und frei schwingender Saitenlänge (l) ergibt sich daraufhin mit der vereinfachten Formel f = K / l.
Wobei K als Konstante mit Kraft, Saitendicke u. Materialeigenschaften anzusehen ist. :shock:

So, jetzt kommt die Musiktheorie bzw. Mathematik ins Spiel.
)()(

Wie wir alle wissen, arbeiten wir (hier) in der Musik mit einem zwölfton-System.
D.h. also je Oktave gibt es 12 Halbtöne.

Was bedeutet nun Oktave physikalisch ? -> Richtig: Frequenzverdoppelung.
Da die "Frequenzsprünge" zwischen den Halbtönen äquidistant sind (sonst könnte man garnicht transponieren), folgt im Umkehrschluss, dass sich je Halbton die Frequenz um den Faktor "12te Wurzel aus 2" erhöht.

So, jetzt nehmen wir mal den Taschenrechner zur Hand und befragen Ihn nach der 12. Wurzel aus Zwo, aha, mit hinreichender Genauigkeit: 1,059463094 :?

Unter Berücksichtigung der oben stehenden Formel ergibt sich nun folgerichtig, dass wenn man die (frei schwingende) Saitenlänge um den Faktor 1.059463094 verkürzt, sich die Frequenz um exakt einen Halbton erhöht.

Also wieder Taschenrechner nehmen und die Mensurlänge (648mm) durch 1.059463094 teilen -> ergibt neue (frei schwingende) Saitenlänge = 611,63 mm.
Woraus sich der Abstand zwischen Sattel und 1. Bundstäbchen als Differenz mit 648 mm - 611,63 mm = 36,37 mm ergibt. ===

Und dieser Wert sollte uns irgendwie bekannt vorkommen (siehe obiges Post von tiefighter).

Letztendlich leitet sich somit der "mysteriöse Faktor X" von der 12. Wurzel aus 2 ab.

[/Besserwissermodus]
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von liquidwing
Hallo Jeff_Jordan
Toller Beitrag - nachdem nun alle Geheimnisse gelüftet sind kann man die Frage ruhig als "gelöst" betrachten.
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von jeff_jordan
Mit dem obigen "Wissen" kann man somit auch ganz leicht bspw. den Abstand vom Sattel zum N-ten Bund ausrechnen, der ergibt sich dann nämlich mit:

Abstand = Mensurlänge - Mensurlänge / (1.059463094^N).

Man muß also für's Layout der Custom-Guitar nicht die Abstände der einzelnen Bundstäbchen aufaddieren, sondern kann die Striche für die Bünde von einer Referenzstelle aus berechnen.
Letzteres ist von Vorteil, da sich so nicht die einzelnen Rundungsungenauigkeiten aufaddieren. wir wollen ja nicht, dass der 24. Bund um 'nen Millimeter daneben liegt, damit wäre die Fähigkeit der Gitarre zur Oktavreinheit nämlich im Eimer ;).

von b-W0y
Hi, mein erster Beitrag =).

Ich bastele gerade an einer Semi-Akustischen (Archtop) Gitarre. Die Gitarre wurde schon abgeschmirgelt und Teile wurden auch schon besorgt, darunter auch ein Griffbrett wo die Bünde schon ausgefräst worden sind.

Meine Frage ist jetzt: Um den Abstand vom Sattel bis zum Steg herausfinden zu können muss ich die Formel, die Ihr angegeben habt, umstellen, oder? Also jeden einzelnen Bund ausrechnen und dann alles zusammen zählen und den Durchschnitt ausrechnen?

Wenn ja, bei Formelumstellungen hab ich manchmal so meine Probleme :). Wie sollte die dann lauten?

viele Grüße,
jérome
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von liquidwing
Tja da muss man wohl rückrechnen - das muss ich mir aber auch erst mal in Ruhe überlegen - wie wäre es, wenn Du z.B. erstmal die Abstände von Bund zu Bund misst und hier postest?

PS: Ist das Boll bei Göppingen?

von b-W0y
Hi
also,

Gesamte Länge: von ersten bis zum letzten Bund 454,8mm (ges. 515,8mm)
Obere Breite: 42mm
Untere Breite: 57,5mm
Bünde(Bis zum Sattel gemessen. In den Klammern befindet sich jeweils die Bundbreite):

1: 48,5mm (36,5mm)
2: 82,7mm (34,2mm)
3: 114,8mm (32,1mm)
4: 145,5mm (30,7mm)
5: 174,1mm (28,6mm)
6: 201,3mm (27,2mm)
7: 227,2mm (25,9mm)
8: 251,3mm (24,1mm)
9: 273,9mm (22,6mm)
10: 295,6mm (21,7mm)
11: 316,1mm (20,5mm)
12: 335,3mm (19,2mm)
13: 353,6mm (18,3mm)
14: 370,7mm (17,1mm)
15: 386,9mm (16,2mm)
16: 402,4mm (15,5mm)
17: 416,8mm (14,4mm)
18: 430,2mm (13,4mm)
19: 443,1mm (12,9mm)
20: 455,3mm (12,2mm)
21: 466,8mm (11,5mm)

Die restlichen 49mm sind übrig (keine Bünde gefräst)

Sieht sehr interessant aus. Aber dortzdem alles mit Geodreieck abgemessen =). Ich hoffe irgendjemand bekommt das hin. Das kann ja eigentlich kein Geheimnis sein, als Gitarrenbauer muss man sowas können. Oder nehmen die die Maße von anderen Gitarren(Marken)?

gruß,
Jérome

Ps.: Ja das Boll bei Göppingen ^^.
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von liquidwing
Also wenn Du Deine Maße mit mit meinen vergleichst, kommt das mit einer Standard Strat Mensur hin (Mensurlänge: 648 mm ). Da ich Dir hier aber keine Garantie geben will, denn ich bein kein Gitarrenbauer, vielleicht vor Umbau noch einen Profi fragen.

In Göppingen gibt es ja immerhin zwei Gitarrenbauer, die Du ggf. per eMail fragen könntest. Siggi Braun oder Staufer Guitars.

Grüße

von RHCP
::::)(
Ich beschränke mich aufs spielen,stimmen und Saiten wechseln.

von b-W0y
Ja ok, dann werde ich da mal nachfragen. Aber ich muss vorweg sagen das Staufer Guitars leider nach München umgezogen sind. Die waren bis noch vor kurzem im Nachbarort. Ärgerlich :( :? .
Ich werde mich wieder melden wenn ich weiteres weis.

Drotzdem Danke!

gruß
jérome
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von liquidwing
Also mit Siggi Braun hast Du aber auch eines der kompetensten Gitarrenbauerteams in Deutschland gleich im Nachbarort. Halte die AUgen offen wenn mal wieder bei Ihm Hausmesse ist. Oder Du machst einfach mal einen Termin in seinem Showroom - lohnt sich!

von b-W0y
Da ich die letzten Tage keine Zeit gehabt habe nach Göppingen zu fahren hab ich den Siggi einfach per email geschrieben. Er hat mir gesagt das das ganz einfach wäre: Man muss bis zum 12. Bund abmessen und die Strecke verdoppeln, dann hat man die länge der Mensur.
Die Feineinstellung kann man ja mit der Brücke und der jeweiligen Schrauben machen.

Ich hab das jetzt alles auf meine Gitarre gezeichnet und will die Brücke jetzt befestigen. Reicht da ein Holzleim oder soll ich sicherhaltshalber von Innen zwei Spax(Holzschrauben) anziehen? Ich mein wenn ich auf die Gitarre Metallsaiten aufziehe dann kommt ja schon ein gewisser Druck.

Gruß
Jérome

von Belial666
Ich bau mir gerade eine Drehleier und suche die ganze Zeit Mensur berechnung etc. Großes Lob an euch, ist alles super erklärt =). Jetzt stellt sich für mich die Frage, wenn ich nun die Mensur berechnet habe und die Bünde so auslege, wie weiß ich dann welcher ton das ist? ob Halbton oder Ganzton? Soll ich das einfach immer mit einem Stimmgerät herausfinden?

Und was auch noch wichtig ist, wie kann man gezielt Töne berechnen, also Mensur auf gewisse Töne, abhängig natürlich von den verschiedenen Saiten Grundtönen, auslegen.

Grüße Danke schonmal =)

von Belial666
Ich bau mir gerade eine Drehleier und suche die ganze Zeit Mensur berechnung etc. Großes Lob an euch, ist alles super erklärt =). Jetzt stellt sich für mich die Frage, wenn ich nun die Mensur berechnet habe und die Bünde so auslege, wie weiß ich dann welcher ton das ist? ob Halbton oder Ganzton? Soll ich das einfach immer mit einem Stimmgerät herausfinden?

Und was auch noch wichtig ist, wie kann man gezielt Töne berechnen, also Mensur auf gewisse Töne, abhängig natürlich von den verschiedenen Saiten Grundtönen, auslegen.

Grüße Danke schonmal =)
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von Funplayer99
Die Positionen der Bundstäbe kannst du mit einem winzigen Programm berechnen lassen. Das Programm nennt sich Fret Calculator und ist Freeware.Da ist es auch möglich sich eine Schablone auszudrucken um die Positionen der Bundabstände auf den Hals zu übertragen dass wirklich alles passt.
Ich arbeite bei meinen Cigar Box Gitarren ausschließlich mit diesem kleinen Programm.
Einfach nur Mensur eingeben und wieviele Bundstäbe berechnet werden sollen...den Rest macht das Prog.
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