25.05.2010
Sodann schreibe ich einmal einen Bericht über meinen letzten Anfall von GAS (kurz für Guitar Acquisition Syndrome – also das berühmte „Haben Wollen“). Es begab sich vor nunmehr zwei Wochen, dass ich einen kleinen Gitarrenladen in Bonn aufsuchte. Ich hatte ein wenig Zeit zwischen zwei Terminen und war einfach neugierig, weil ich in dem Geschäft noch nie war. Ich ging also frohen Mutes herein, nachdem ich kurz die Auslage im Schaufenster studiert hatte, eine weiße Strat, ein Vypyr 30, eine Hagstrom Super Swede, ein LTD Bass – nichts außergewöhnliches. Oder doch?
Im Laden entspann sich ein nettes Gespräch mit dem Besitzer, dessen einziger Kommentar zu meiner Frage, ob ich denn ein paar Gitarren anspielen dürfte ein lapidares „nimm dir, was du möchtest“ war. Gesagt getan! Frisch, fromm, fröhlich und auch frei griff ich zu. Einige Zeit später hatte ich einige Tokais (die Japanware ist unglaublich!), eine tolle Thinline Tele und eine PRS gespielt, als ich mich der weißen Strat entsann. Auf eine weitere Nachfrage hin bekam ich eben jene Gitarre aus dem Schaufenster geholt. Diese ab in den Hughes and Kettner Statesman Quad EL34 (ein toll klingender Amp – echt sahnig!) und losgelegt. Was soll ich sagen … sie gehörte zu mir. Ich KONNTE diese Gitarre nicht im Shop lassen. Zur Gitarre selbst, es ist eine weiße Mexiko Standard Stratocaster mit weißem Pickguard (https://www.thomann.de/de/fender_standa ... caster.htm). Vorab – ich habe selten eine derart gut klingende Strat in Händen gehabt. Niemand, der sie bislang gehört hat, kam auf die Idee, dass es ein Mexiko Instrument ist. Mehr nun in einem detaillierten Testbericht, der einige Kritikpunkte enthält – aber mein Fazit ist: Das ist Meine! Sie gehört zu mir. Der Preis war übrigens 514 Euro inklusive Schaller Straplock Gurtpins und lebenslangem kostenlosen Einstellservice – soviel zum Gitarrenladen um die Ecke! Geht hin, es lohnt!
Nun also zum eigentlichen Thema, ran an das Eingemachte. Die Konstruktion ist einfach beschrieben – klassische Strat Zutaten. Erlekorpus, One-Piece-Maple Neck (liegende Jahresringe) mit Skunk Stripe aus Walnussholz, der mit vier Schrauben und der bei Fender üblichen Konterplatte fest mit dem Korpus verbunden ist. Der Zugang zum Halsspannstab erfolgt über die Kopfplatte, die gekapselten Tuner laufen sanft und erlauben präzises Stimmen. Die B und die hohe E Saite werden mit einem Saitenniederhalter mit höherem Druck in die Sattelkerben gepresst. Stegseitig ist ein „Vintage-Style“ Vibrato verbaut – zu dessen Funktion später mehr. Die Tonabnehmer (3 Singlecoils) sind mit einem 5 Wege Schalter und 3 Potis verschaltet. In genereller Volume Regler, sowie ein Ton Regler für Hals- und Mitteltonabnehmer. Der Steg-Pickup lässt sich in den Höhen nicht bedämpfen.
Das gesamte Setup ist vorbildlich – ob es dem Werk oder dem Laden geschuldet ist, sei dahin gestellt. Die Saitenlage ist niedrig, die Sattelkerben sind breit und tief genug. Die Bünde (Medium Format) sind sauber abgerichtet und entgratet. Die gesamte Verarbeitung ist wertig, lediglich ein minimaler Makel im Lack nahe der Halsasche trübt das Bild. Der Lack im gesamten ist leider extrem dick aufgetragen – ein erster kleiner Minuspunkt. Ein weiterer Malus ist die Verwendung scharfkantiger Madenschrauben am Steg – Fender sollte das Problem langsam im Griff haben. Was ebenfalls störte war die Schutzfolie auf dem Schlagbrett. Sämtliche Potiknöpfe mussten erst demontiert werden, bevor die Folie restlos entfernt werden konnte.
Die Bespielbarkeit ist jedoch – abgesehen von den scharfen Kanten der Schrauben am Steg – hervorragend. Der Hals liegt angenehm in der Hand und ist durch die matte Lackierung ungemein griffig. Die Saitenlage ermöglicht ein kraft- und stressfreies Arbeiten und Bendings flutschen wie auf Schienen. Die Klinkenbuchse packt fest zu, die Potis laufen (nach Entfernung von Folienresten, die sich um die Achsen gewickelt haben) weich und sahnig.
Der akustische Basisklang ist überraschend laut und offen, Akkorde kommen differenziert zu akustischer Geltung. Das Ansprechverhalten ist sehr direkt und trocken, die gesamte Konstruktion ist sehr schwingfreudig, das Sustain ist mittellang aber gleichmäßig. Schon im Laden hat mich das trockene Spielverhalten beeindruckt, doch gehen wir nun ans Eingemachte. Rein in den Verstärker (bei mir steht zum Einen ein ENGL Thunder 50, außerdem habe ich diverse Ampmodels der Line 6 POD Farm (Version 1.11) benutzt. Falls ihr mehr Infos zum Equipment wünscht, oder auch sonst Fragen habt, scheut euch nicht.
Ich arbeite mich einfach mal durch die Pickups / Kombinationen durch (von vorne nach hinten). Merkliche Deadspots gibt es keine und vorab sei gesagt, dass die Tonabnehmer sehr strateln.
Clean: Der Halstonabnehmer hat diese für die Strat typische bluesige Glocke. Schön rund und klar, aber mit Substanz. Allein für diesen Sound liebe ich Strats (und wir haben ja noch vier andere Schaltpositionen und ein paar Gainstufen). Mit leicht zurückgedrehtem Ton Regler klingen Akkorde schön rund und voll. Der Pickup in der Mittelposition ist irgendwie ein kleines Stiefkind. Er klingt nicht schlecht, etwas twangiger, als der Kollege in der Halsposition – aber irgendwie lande ich immer bei den Zwischenpositionen – dazu gleich mehr. Der Stegtonabnehmer hängt an keinem Tonregler und wirft eine ordentliche Schippe Twang nach vorne. Für manch einen mag es zuviel sein, aber eine Fender muss am Steg für mich beißen – und das tut meine Mex Strat mit Wonne! Die Zwischenpositionen klingeln – Mark Knopfler lässt grüßen – wie es sich gehört. Dadurch, dass der Mitteltonabnehmer gegensätzlich gewickelt und gepolt ist (reverse wound, reverse polarity), sind die Zwischenpositionen brummfrei – gerade bei mehr Gain ein Vorteil!
Crunch: Bei angezerrten Sounds bietet sich grundsätzlich das gleiche Bild, wie im cleanen Bereich. Der Stegtonabnehmer drängt sich noch nachdrücklicher mit Twang und Biss in den Vordergrund – und die Gehörgänge. Die brummfreien Zwischenpositionen eignen sich gut für Soli, Powerchords und Blues Licks kommen gut über den Halspickup. Gerade Classic Rock lässt sich mit der Strat hervorragend spielen, doch schalten wir noch einen Gang hoch und schauen mal, wie sich die Strat im High Gain Modus schlägt.
Klar, die Single Coils brummen ein wenig, aber es hält sich im Rahmen, die Zwischenpositionen sind leise. Und nun merkt man, die Strat hat es faustdick hinter den Ohren. Von wegen Blues Brett und ein bisschen Rock mal hier und da. Schnelle, abgedämpfte 16ten Linien kommen sauber und klar umrissen mit scharfem Attack aus dem Amp, die Obertöne quietschen bei Bedarf, wie ein Schweinchen auf dem Weg zur Schlachtbank (hehe, nun geht die Prosa mit mir durch). Klar, Metal ist nicht wirklich Strat Revier, aber sie schlägt sich gerade im energetischen Modern-Rock durchaus beachtlich und kann mit klar definierter Ansprache und gutem Attack – sicherlich nicht zuletzt wegen der Ahorn-Schraubhalskonstruktion – punkten.
Zum Vibrato sei kurz erwähnt, dass es in einem engen Bereich stimmstabil arbeitet, leichte Up und Downbends sind möglich, Schimmern und ein ordentlicher Surfsound sind sein Revier. Für Dive-Bombs und ähnliche Tricks ist es definitiv nicht geeignet, aber auch wegen des gut abgerichteten Sattels erweist es sich bei maßvoller Nutzung als stimmstabil.
Summasummarum bleibt als Fazit Folgendes:
Ich bereue keine Sekunde den Kauf. Positiv zu erwähnen sind die Bespielbarkeit, das wirklich gute Setup und die Tonabnehmerbestückung. Als Kritikpunkte bleiben kleinere Verarbeitungsmängel und vor Allem die scharfkantigen Madenschrauben des Stegs im Gedächtnis haften.
Testequipment: ENGL Thunder 50, Line 6 POD Farm, VOX Satchurator, Boss Bluesdriver, Dunlop CryBaby, Boss DD7, Boss TU-3
Im Laden entspann sich ein nettes Gespräch mit dem Besitzer, dessen einziger Kommentar zu meiner Frage, ob ich denn ein paar Gitarren anspielen dürfte ein lapidares „nimm dir, was du möchtest“ war. Gesagt getan! Frisch, fromm, fröhlich und auch frei griff ich zu. Einige Zeit später hatte ich einige Tokais (die Japanware ist unglaublich!), eine tolle Thinline Tele und eine PRS gespielt, als ich mich der weißen Strat entsann. Auf eine weitere Nachfrage hin bekam ich eben jene Gitarre aus dem Schaufenster geholt. Diese ab in den Hughes and Kettner Statesman Quad EL34 (ein toll klingender Amp – echt sahnig!) und losgelegt. Was soll ich sagen … sie gehörte zu mir. Ich KONNTE diese Gitarre nicht im Shop lassen. Zur Gitarre selbst, es ist eine weiße Mexiko Standard Stratocaster mit weißem Pickguard (https://www.thomann.de/de/fender_standa ... caster.htm). Vorab – ich habe selten eine derart gut klingende Strat in Händen gehabt. Niemand, der sie bislang gehört hat, kam auf die Idee, dass es ein Mexiko Instrument ist. Mehr nun in einem detaillierten Testbericht, der einige Kritikpunkte enthält – aber mein Fazit ist: Das ist Meine! Sie gehört zu mir. Der Preis war übrigens 514 Euro inklusive Schaller Straplock Gurtpins und lebenslangem kostenlosen Einstellservice – soviel zum Gitarrenladen um die Ecke! Geht hin, es lohnt!
Nun also zum eigentlichen Thema, ran an das Eingemachte. Die Konstruktion ist einfach beschrieben – klassische Strat Zutaten. Erlekorpus, One-Piece-Maple Neck (liegende Jahresringe) mit Skunk Stripe aus Walnussholz, der mit vier Schrauben und der bei Fender üblichen Konterplatte fest mit dem Korpus verbunden ist. Der Zugang zum Halsspannstab erfolgt über die Kopfplatte, die gekapselten Tuner laufen sanft und erlauben präzises Stimmen. Die B und die hohe E Saite werden mit einem Saitenniederhalter mit höherem Druck in die Sattelkerben gepresst. Stegseitig ist ein „Vintage-Style“ Vibrato verbaut – zu dessen Funktion später mehr. Die Tonabnehmer (3 Singlecoils) sind mit einem 5 Wege Schalter und 3 Potis verschaltet. In genereller Volume Regler, sowie ein Ton Regler für Hals- und Mitteltonabnehmer. Der Steg-Pickup lässt sich in den Höhen nicht bedämpfen.
Das gesamte Setup ist vorbildlich – ob es dem Werk oder dem Laden geschuldet ist, sei dahin gestellt. Die Saitenlage ist niedrig, die Sattelkerben sind breit und tief genug. Die Bünde (Medium Format) sind sauber abgerichtet und entgratet. Die gesamte Verarbeitung ist wertig, lediglich ein minimaler Makel im Lack nahe der Halsasche trübt das Bild. Der Lack im gesamten ist leider extrem dick aufgetragen – ein erster kleiner Minuspunkt. Ein weiterer Malus ist die Verwendung scharfkantiger Madenschrauben am Steg – Fender sollte das Problem langsam im Griff haben. Was ebenfalls störte war die Schutzfolie auf dem Schlagbrett. Sämtliche Potiknöpfe mussten erst demontiert werden, bevor die Folie restlos entfernt werden konnte.
Die Bespielbarkeit ist jedoch – abgesehen von den scharfen Kanten der Schrauben am Steg – hervorragend. Der Hals liegt angenehm in der Hand und ist durch die matte Lackierung ungemein griffig. Die Saitenlage ermöglicht ein kraft- und stressfreies Arbeiten und Bendings flutschen wie auf Schienen. Die Klinkenbuchse packt fest zu, die Potis laufen (nach Entfernung von Folienresten, die sich um die Achsen gewickelt haben) weich und sahnig.
Der akustische Basisklang ist überraschend laut und offen, Akkorde kommen differenziert zu akustischer Geltung. Das Ansprechverhalten ist sehr direkt und trocken, die gesamte Konstruktion ist sehr schwingfreudig, das Sustain ist mittellang aber gleichmäßig. Schon im Laden hat mich das trockene Spielverhalten beeindruckt, doch gehen wir nun ans Eingemachte. Rein in den Verstärker (bei mir steht zum Einen ein ENGL Thunder 50, außerdem habe ich diverse Ampmodels der Line 6 POD Farm (Version 1.11) benutzt. Falls ihr mehr Infos zum Equipment wünscht, oder auch sonst Fragen habt, scheut euch nicht.
Ich arbeite mich einfach mal durch die Pickups / Kombinationen durch (von vorne nach hinten). Merkliche Deadspots gibt es keine und vorab sei gesagt, dass die Tonabnehmer sehr strateln.
Clean: Der Halstonabnehmer hat diese für die Strat typische bluesige Glocke. Schön rund und klar, aber mit Substanz. Allein für diesen Sound liebe ich Strats (und wir haben ja noch vier andere Schaltpositionen und ein paar Gainstufen). Mit leicht zurückgedrehtem Ton Regler klingen Akkorde schön rund und voll. Der Pickup in der Mittelposition ist irgendwie ein kleines Stiefkind. Er klingt nicht schlecht, etwas twangiger, als der Kollege in der Halsposition – aber irgendwie lande ich immer bei den Zwischenpositionen – dazu gleich mehr. Der Stegtonabnehmer hängt an keinem Tonregler und wirft eine ordentliche Schippe Twang nach vorne. Für manch einen mag es zuviel sein, aber eine Fender muss am Steg für mich beißen – und das tut meine Mex Strat mit Wonne! Die Zwischenpositionen klingeln – Mark Knopfler lässt grüßen – wie es sich gehört. Dadurch, dass der Mitteltonabnehmer gegensätzlich gewickelt und gepolt ist (reverse wound, reverse polarity), sind die Zwischenpositionen brummfrei – gerade bei mehr Gain ein Vorteil!
Crunch: Bei angezerrten Sounds bietet sich grundsätzlich das gleiche Bild, wie im cleanen Bereich. Der Stegtonabnehmer drängt sich noch nachdrücklicher mit Twang und Biss in den Vordergrund – und die Gehörgänge. Die brummfreien Zwischenpositionen eignen sich gut für Soli, Powerchords und Blues Licks kommen gut über den Halspickup. Gerade Classic Rock lässt sich mit der Strat hervorragend spielen, doch schalten wir noch einen Gang hoch und schauen mal, wie sich die Strat im High Gain Modus schlägt.
Klar, die Single Coils brummen ein wenig, aber es hält sich im Rahmen, die Zwischenpositionen sind leise. Und nun merkt man, die Strat hat es faustdick hinter den Ohren. Von wegen Blues Brett und ein bisschen Rock mal hier und da. Schnelle, abgedämpfte 16ten Linien kommen sauber und klar umrissen mit scharfem Attack aus dem Amp, die Obertöne quietschen bei Bedarf, wie ein Schweinchen auf dem Weg zur Schlachtbank (hehe, nun geht die Prosa mit mir durch). Klar, Metal ist nicht wirklich Strat Revier, aber sie schlägt sich gerade im energetischen Modern-Rock durchaus beachtlich und kann mit klar definierter Ansprache und gutem Attack – sicherlich nicht zuletzt wegen der Ahorn-Schraubhalskonstruktion – punkten.
Zum Vibrato sei kurz erwähnt, dass es in einem engen Bereich stimmstabil arbeitet, leichte Up und Downbends sind möglich, Schimmern und ein ordentlicher Surfsound sind sein Revier. Für Dive-Bombs und ähnliche Tricks ist es definitiv nicht geeignet, aber auch wegen des gut abgerichteten Sattels erweist es sich bei maßvoller Nutzung als stimmstabil.
Summasummarum bleibt als Fazit Folgendes:
Ich bereue keine Sekunde den Kauf. Positiv zu erwähnen sind die Bespielbarkeit, das wirklich gute Setup und die Tonabnehmerbestückung. Als Kritikpunkte bleiben kleinere Verarbeitungsmängel und vor Allem die scharfkantigen Madenschrauben des Stegs im Gedächtnis haften.
Testequipment: ENGL Thunder 50, Line 6 POD Farm, VOX Satchurator, Boss Bluesdriver, Dunlop CryBaby, Boss DD7, Boss TU-3